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Oberösterreich holt bei Direkter Demokratie auf. Weitere Verbesserungen sind aber notwendig

Oberösterreich holt bei Direkter Demokratie auf. Weitere Verbesserungen sind aber notwendig

21.01.2015

Die oberösterreichischen Landtagsparteien haben sich auf eine Reform der direkt-demokratischen Verfahren auf Landes- und Gemeindeebene geeinigt. Dieses Paket soll Mitte April beschlossen werden und nach der Landtagswahl in Kraft treten.

Oberösterreich lag bislang bei den direkt-demokratischen Regelungen im Östereich-weiten Vergleich im tiefen, teilweise tiefsten Hinterfeld. Die direkt-demokratischen Verfahren waren bislang derart unpraktikabel geregelt, dass sie fast nie genutzt wurden. Mit dem vorliegenden Paket sollen v.a. die Hürden auf Landes- und Gemeindeebene gesenkt werden.

  • Auf Landesebene wird die Hürde für eine Bürgerinitiative (eine Art "Volksbegehren", mit dem sich der Landtag beschäftigen muss) von 3% auf 2% gesenkt. Eine Volksbefragung konnte bislang mit 8% ausgelöst werden. Dies wird auf 4% gesenkt. 
     
  • Auf Gemeindeebene wurden die bislang sehr unterschiedlichen Regeln zwischen Statutarstädten und sonstigen Gemeinden vereinheitlicht. So wird es künftig auch in den sonstigen Gemeinden die Möglichkeit einer Bürgerinitiative bei einheitlich 2% geben. Für eine Volksbefragung hingegen sind die Hürden gestaffelt. In Linz und Wels sind künftig 4%, in Steyr 5% erforderlich. In den sonstigen Gemeinden sind bei bis zu 1.000 Stimmberechtigten 18% erforderlich, aber maximal 150 Unterstützungen; von 1.001 bis 10.000 Stimmberechtigten sind 15% erforderlich, aber maximal 900 Unterschriften; bei über 10.000 Stimmberechtigten sind 9% erforderlich, aber maximal 1.400 Unterschriften.

 

Dieses Paket geht in die richtige Richtung, ist aber nicht ambitioniert. Weitere Verbesserungen sind notwendig

Die Verbesserungen auf Landesebene nehmen im Grunde die Verschlechterungen zurück, die als Reaktion auf die Musitheater-Volksbefragung beschlossen wurden. Es wird also im Grunde der Zustand vor der "Strafverdoppelung" der Hürden nach dem "falschen" Musiktheater-Abstimmungsergebnis wieder rückgängig gemacht. Zwei Verschlechterungen aus 2001/2002 bleiben aber bestehen:

Es gibt in Oberösterreich weiterhin kein Veto-Referendum gegen Gesetze des Landtags oder gegen Maßnahmen der Landesregierung. Vor 2002 hat es das gegeben. Die fünf Bundesländer Burgenland, Niederösterreich, Steiermark Tirol und Vorarlberg haben die Möglichkeit eines Veto-Referendums. Warum nicht auch Oberösterreich?

Vor 2002 gab es in Oberösterreich außerdem auf Landesebene die Möglichkeit, eine verbindliche Volksabstimmung auszulösen. Auch das wurde 2002 - als Reaktion auf die VfGH-Entscheidung zur "Vorarlberger Volksgesetzgebung" - abgeschafft. Von den oberösterreichischen Parteien gab es dagegen aber nie einen gemeinsamen Protest in Richtung Bund, die Bundes-Verfassung zu ändern, um auf Landesebene wieder verbindliche Volksabstimmungen einführen zu können. Diesen Glaubwürdigkeitstest bleiben die oö. Parteien schuldig. 

Unberücksichtigt bleibt auch der Wunsch der Statutarstädte, dass ihre Bevölkerung nicht nur eine unverbindlche Volksbefragung, sondern auch eine verbindliche Volksabstimmung auslösen kann. Warum wird dieser Wunsch der Statutarstädte, ihre Bevölkerung auch verbindlich mitentscheiden zu lassen, ignoriert?

Die Senkung der Hürden ist gut. An die Stelle der bisherigen völlig unpraktikablen Regelungen treten niedrigere Hürden, die aber noch immer hoch sind. In keiner Weise berücksichtigt wurde bei der Festlegung der neuen Hürden die weitgehend fehlende Anwendungspraxis, die eine enormes faktische Erschwernis darstellt. mehr demokratie! vertritt die Auffassung, dass solche Hürden nicht die Politiker_innen vor der Bevölkerung schützen sollen und daher nicht von den Politiker_innen festgelegt werden sollen. Die Bevölkerung sollte vielmehr selber entscheiden, wie oft bzw. wie selten sie sich mit einer Abstimmung beschäftigen will und wie hoch solche Hürden daher sein sollen. 

Anders als bei der jüngsten Novelle in Vorarlberg muss eine Unterstützungserklärung weiterhin auf dem Amt abgegeben werden und kann nicht frei gesammelt werden. Eine faire Abstimmungsbroschüre, welche die pro- und contra-Argumente gegenüberstellt, ist auch nicht vorgesehen.

Wie geht es mit diesem Paket weiter?

Bis Montag, 9. März 2015 dauert eine 6-wöchige Begutachtungsfrist, bei der die gesamte oö. Bevölkerung eingeladen ist, zu den neuen Regelungen Stellung zu nehmen. mehr demokratie! ruft alle Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher auf, die Gelegenheit zu nutzen und sich in die Gestaltung der Direkt-Demokratie-Reform in OÖ mit einer Stellungnahme einzumischen. Nur wenn wir uns einmischen, wenn das Eisen der direkt-demokratischen Spielregeln geschmiedet wird, werden wir diese Spielregeln als unsere eigenen Spielregeln empfinden und später auch wirklich nutzen. Jede Stellungnahme zählt!

Nach diesem Begutachtungsverfahren werden die Stellungnahmen ausgewertet und erfolgen die Beratungen im Verfassungsausschuss des Landtags. Mitte April 2015 sollten diese neuen direkt-demokratischen Spielregeln beschlossen werden. In Kraft treten sollen die neuen Regeln nach der Landtagswahl gleichzeitig mit Beginn der neuen Legislaturperiode.

 

Weitere Informationen

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