die parteiunabhängige initiative für eine stärkung direkter demokratie

Democracy International

Erarbeitung eines Alternativvorschlags für Direkte Demokratie

Erarbeitung eines Alternativvorschlags für Direkte Demokratie

12.01.2013

Erstellung eines Verfassungsgesetz-Vorschlags durch BürgerInnen 

mehr demokratie! ist es aus grundsätzlichen Erwägungen ein Anliegen, dass die "gewöhnliche" Bevölkerung, der Souverän, bereits bei der Erarbeitung der direkt-demokratischen Spielregeln mitgestaltet (Vorbild Island). Wir wollen, dass mit den Methoden des Bürger_innenrats, der Planungszelle und der Internetbeteiligung ein Entwurf direkt-demokratischer Spielregeln erarbeitet wird. Die Bevölkerung soll daraufhin in einer Volksabstimmung entscheiden, ob dieser Direkt-Demokratie-Vorschlag oder der Direkt-Demokratie-Vorschlag der Regierungsparteien in Kraft treten soll. mehr demokratie!-Beiratsmitglied Dr.in Martina Handler hat für den Prozess der Erarbeitung des Vorschlags ein Konzept erarbeitet, das inzwischen auch von Grünen, FPÖ und BZÖ unterstützt wird.

Konzept für einen Prozess zur Ausarbeitung eines Alternativvorschlags für Direkte Demokratie

Erstellung eines Verfassungsgesetz-Vorschlags durch BürgerInnen mittels einer Kombination der Methoden BürgerInnen-Rat, Planungszelle und Internetbeteiligung

Kurzbeschreibung

Der Weg zu einem BürgerInnengutachten zur Ausgestaltung direkter Demokratie in Österreich könnte methodisch über drei Stationen laufen.

Zu Beginn des Prozesses werden parallel drei BürgerInnen-Räte[1] durchgeführt. Ein BürgerInnenrat setzt sich aus zwölf nach dem Zufallsprinzip ausgewählten BürgerInnen zusammen. In der eineinhalb Tage dauernden Arbeitsphase identifizieren die BürgerInnen-Räte aus ganz Österreich, die ihnen wichtigen Aspekte eines Themas und entwickeln erste Lösungsideen. Die Ergebnisse der BürgerInnen-Räte werden jeweils in einem BürgerInnen-Café der Öffentlichkeit präsentiert und mit der anwesenden interessierten Öffentlichkeit vertieft.

Die Ergebnisse der BürgerInnen-Räte sind Input für die nächste Phase des Prozesses, in der 100 BürgerInnen – repräsentativ ausgewählt – in vier Planungszellen nach intensiven ExpertInnen-Hearings, Diskussionen und Bewertungen ein BürgerInnengutachten mit einem konkreten Verfassungsgesetz-Vorschlag für ein direktes Demokratie-Modell erstellen.

Der gesamte Prozess wird auf einer Internetplattform und in kooperierenden Tageszeitungen für die Öffentlichkeit verfolgbar sein. Es wird auch für die breite Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, Kommentare und konkrete Vorschläge über die e-Plattform einzubringen.

Zu den Instrumenten BürgerInnen-Rat und Planungszelle

BürgerInnen-Rat

Ein BürgerInnen-Rat setzt sich aus zwölf nach dem Zufallsprinzip ausgewählten BürgerInnen zusammen. In der eineinhalb Tage dauernden Arbeitsphase erarbeiten die TeilnehmerInnen Lösungsvorschläge. Die besondere Qualität des Verfahrens wird durch die Moderationsmethode – Dynamic Facilitation – erreicht, welche kreatives Problemlösen gerade bei schwierigen und konfliktären Themen ermöglicht. Die kreativitätsfördernde Methode führt die Gruppe in einen Modus, in dem Ideen entstehen können, die über bekannte oder nahe liegende Lösungsansätze hinausgehen.

Die Ergebnisse des BürgerInnenrats werden in einem Abschlussstatement festgehalten, das in einem BürgerInnen-Café, einer öffentlichen Veranstaltung im Anschluss an den BürgerInnen-Rat, präsentiert wird. Nach der Abschlusspräsentation besteht für die beim BürgerInnen-Café anwesenden BürgerInnen Gelegenheit, das Thema in der Diskussion in Kleingruppen (zB im World-Café-Setting) zu kommentieren zu ergänzen.

Der BürgerInnen-Rat (im Original: Wisdom Council) ist ein niedrigschwelliges Beteiligungsverfahren, das von Jim Rough (USA) mit der Intention entwickelt wurde, demokratische Grundhaltung, Selbstorganisation und Eigenverantwortung in einem Gemeinwesen zu stärken.

Die besondere Qualität dieses Beteiligungsmodells liegt darin, dass

  • eine hohe Diversität bei den TeilnehmerInnen erzielt werden kann, die mit offenen Einladungen zu Beteiligungsprozessen sonst nicht gelingt: durch die Zufallsauswahl, die Niederschwelligkeit des Verfahrens und die Einladung durch politische EntscheiderInnen können auch sogenannte „schwer erreichbare Gruppen“ erreicht werden;
  • durch die Moderationsmethode Dynamic Facilitation ein kreativer Raum geschaffen wird, in dem die TeilnehmerInnen innovative Lösungen entwickeln können;
  • das Verfahren mit relativ geringem organisatorischem Aufwand durchgeführt werden kann.

(Weitere Informationen zur Methode und zu Praxisbeispielen auf www.partizipation.at)

Planungszelle

Eine Planungszelle setzt sich zusammen aus ca. 25 im Zufallsverfahren ausgewählten BürgerInnen, die für 4-5 Tage zusammen kommen, um in Gruppen und mit ExpertInneninput Lösungsvorschläge für ein vorgegebenes Planungsproblem zu erarbeiten. Die Ergebnisse ihrer Beratungen werden in einem sog. BürgerInnengutachten zusammengefasst und den politischen Entscheidungsinstanzen als Empfehlung zur Verfügung gestellt. Um die Repräsentativität zu erhöhen, arbeiten in der Regel immer mehrere Planungszellen parallel zum gleichen Thema.

Die ausgewählten BürgerInnen werden bei ihren Beratungen von einer kompetenten Prozessbegleitung unterstützt. Die für die Beurteilung der Fragestellung erforderlichen Informationen gewinnen sie durch Anhörung und Befragung von Fachleuten und VertreterInnen der jeweils relevanten Interessengruppen. Bei ihrer Auswahl wird darauf geachtet, dass möglichst alle kontroversen Meinungen und Perspektiven vertreten sind und dargestellt werden können. Bei den anschließenden Diskussionen und Bewertungen der BürgerInnen sind die Fachleute und InteressenvertreterInnen nicht anwesend.

Die angemessene Dimensionierung und Konkretheit der Aufgabenstellung gewährleisten eine hohe Kompetenz und Informiertheit der Mitwirkenden. Um Meinungsführerschaften zu reduzieren, wird die Planungszelle immer wieder in wechselnde Kleingruppen (z.B. 5 Gruppen à 5 Personen) unterteilt.

Durch die Zufallsauswahl wird eine ungewöhnlich breit gestreute TeilnehmerInnenschaft erreicht.

(Quellen: www.mitarbeit.de und www.partizipation.at)

Auswahlverfahren für die BürgerInnen-Räte und Planungszellen:

Aus dem WählerInnenverzeichnis werden nach dem Zufallsprinzip Adressen (z.B. 0,5 % der Wahlberechtigten) ausgewählt. Die Personen erhalten Informationen über das geplante Beteiligungsverfahren und die Einladung, daran teilzunehmen. Mit der Rückantwort incl. der Angabe einiger biografischer Daten können sich Interessierte anmelden und damit ihre Bereitschaft bekunden, die erforderliche Zeit für diesen Anlass zu investieren (BürgerInnen-Rat 1 ½ Tage+ 1 Abend, Planungszelle 4-5 Tage). Aus der Anzahl derer, die sich grundsätzlich zur Teilnahme bereit erklären, wird für die Planungszellen eine Quotenauswahl von 100 Personen vorgenommen, die dem repräsentativen Durchschnitt der Bevölkerung entspricht und zwar bezogen auf die regionale Zugehörigkeit (z.B. Regionalwahlkreise) und den Kriterien Geschlecht, Altersverteilung, Bildungsstand und Beruf. Die jeweils 12 TeilnehmerInnen für die drei BürgerInnen-Räte werden nach dem gleichen Prinzip und ebenfalls bundesländerübergreifend ausgewählt.

Beteiligung der breiten Öffentlichkeit über E-Partizipation und Präsenzveranstaltungen

Der gesamte Prozess ist auf einer Internetplattform für die Öffentlichkeit nachverfolgbar. Auf dieser e-Plattform gibt es die Möglichkeit, Kommentare und konkrete Vorschläge einzubringen und Vorschläge zu bewerten, die ebenfalls in den Prozess einfließen.

Damit wird auch der breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben, den Prozess jederzeit nachzuvollziehen und sich auf unkomplizierte Weise zu beteiligen.

Zur Kombination der drei vorgeschlagenen Methoden zur Erarbeitung eines Verfassungsgesetz-Vorschlags

Die Methoden BürgerInnen-Rat und Planungszelle sind unterschiedliche Herangehensweisen zur Lösungsfindung und aktivieren unterschiedliche Potenziale der TeilnehmerInnen. Im BürgerInnen-Rat wird die kreative Energie der TeilnehmerInnen aktiviert und es können auch ungewöhnliche Ideen entstehen. Auf diese Weise werden erste Ideen und Lösungsmöglichkeiten entwickelt. In den Planungszellen werden Lösungen auf der kognitiven Ebene entwickelt. Mittels vielfältigem Input von ExpertInnen wird die ganze Bandbreite des Themas aufgefaltet. Nach intensiver Diskussion und Deliberation erarbeiten die BürgerInnen ein Gutachten zum Thema. In der Endphase des Prozesses wird eine JuristIn eingebunden, um die BürgerInnen bei der Formulierung eines beschluss- und abstimmungsfähigen Vorschlags zu unterstützen.

Durch die Internetplattform kann sich auch die breite Öffentlichkeit beteiligen. Die Kommunikation rund um den gesamten Prozess hat auch stark aufklärerische Wirkung bezüglich der Themenstellung.

 

Zeitrahmen:

BürgerInnen-Räte: ca. 3 Monate

Planungszellen: ca. 6 Monate

Die Zeitangaben enthalten jeweils Durchführung, Vor- und Nachbereitung. Die Vor- und Nachbereitung sowie Durchführung der Verfahren kann teilweise parallel verlaufen.

 

Alternative

Eine Alternative zum Planungszellenverfahren wäre z.B. die Durchführung eines BürgerInnenforums (oder Konsensuskonferenz). An einem BürgerInnenforum nehmen 10-30 repräsentativ ausgewählte BürgerInnen teil und der Beteiligungsprozess erstreckt sich über drei Wochenenden.

Weitere Informationen

 

 

Dr.in Martina Handler

Politikwissenschafterin und Expertin für Partizipation und Nachhaltige Entwicklung in der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT)

 

 


[1] Siehe http://www.partizipation.at/buergerinnenrat.html. In Vorarlberg, aber auch in anderen Bundesländern, wurden bereits eine Vielzahl von BürgerInnen-Räten zu unterschiedlichen Themen durchgeführt

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